Mein Pferd ist zu dick – was tun?
Immer häufiger sehen wir auf unseren hiesigen Koppeln Pferde die zu dick sind. Eine typische Wohlstanderkrankung. Es sind nicht nur Ponys und Robustrassen betroffen, auch Warmblüter oder Pferde mit Vollblutanteilen können zu dick werden.
Ausschlaggebend hierfür sind oft die Weiden, auf denen unsere Pferde stehen. Selten sind es karge Wiesen sondern Hochleistungswiesen, auf denen energiereiche Gräser wachsen. Für die Kuhhaltung sind diese Wiesen gern gesehen, doch für unsere Pferde sind sie meist nicht geeignet. Dennoch möchten wir nicht auf den Koppelgang verzichten.
Weiter sind die Besitzer leider oft mit Schuld daran, dass ihr Pferd zu dick ist, auch wenn das natürlich niemand gerne hört. Es gibt unzählige Futtermittel auf dem Markt, die unsere Pferde unbedingt benötigen, somit bekommen sie hier etwas und dort etwas. Meist ist dies einfach zu viel. Hinzu kommt, dass leider oft der rationale Blick verloren gegangen ist, wie die rassetypische Normalfigur eines Pferdes auszusehen hat.
Jetzt ist mein Pferd zu dick, was ist schlimm daran?
Hat ein Pferd ein paar kleine Kilos zu viel, wird es nicht sofort daran sterben, so wie wir Menschen auch nicht. Werden diese paar Kilos allerdings zu viele Kilos, kann das ein Pferd stark einschränken. Die Beweglichkeit und auch die Bewegungsfreude des Pferdes werden stark eingeschränkt. Allerdings können sich auch schwerwiegende gesundheitliche Probleme entwickeln. Die Gelenke werden durch das zu hohe Gewicht stärker beansprucht und verschleißen schneller.
Bei zu starken Übergewicht kommt es zu einem konstant höheren Blutzuckergehalt. Es wird mehr Insulin produziert um den Zucker aus dem Blut zu bekommen. Da die Zuckerspeicher der Muskeln und der Leber jedoch irgendwann voll sind, wird der Zucker als Fett in den Körperzellen gelagert. Das Tier wird immer dicker. Bei einer solchen erhöhten Insulinproduktion kann sich eine Insulinresistenz bilden. Die Körperzellen reagieren nicht mehr entsprechend auf das Insulin und der Blutzuckerspiegel kann nicht mehr richtig gesteuert werden. Bei Menschen spricht man von einer Diabetes Typ 2. Beim Pferd kann sich aus diesem Zustand das Equine Metabolische Syndrom (EMS) bilden. Folgend hieraus können Hufrehe und Cushing sein.
Wir sehen also, mit Übergewicht bei unseren Pferden ist nicht zu spaßen. Es können sich gravierende gesundheitliche Probleme entwickeln. Es ist also wichtig rechtzeitig die Probleme zu erkennen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen.
Abspecken, aber richtig
Um die Pfunde unseres Pferdes purzeln zu lassen, ist es wichtig nicht einfach das Futter zu kürzen. Pferde sind Dauerfresser und brauchen genügend Rohfaser um die Verdauung aufrecht zu erhalten. Reduziert man nun einfach das Heu, kann es zu Verdauungsproblemen kommen. In der Natur kommt es unter normalen Umständen zu keinem Rohfasermangel. Führt man also einen künstlichen Mangel an Rohfaser herbei, kommt es zu Stress beim Pferd, der Magengeschwüre hervorrufen kann.
Hinzu ist nicht komplett geklärt, was beim Pferd ein Sättigungsgefühl hervorruft. Es wird davon ausgegangen, dass die Kautätigkeit, die sogenannten Kauschläge und die Füllung des Darms einen Einfluss darauf haben.
Ein Pferd braucht also genügend zu kauen um Futterstress zu verhindern.
Als Faustregel geht man von 1,2 bis 1,5 kg Heu pro 100 kg Lebendmasse aus. Hierbei kommt es jedoch auf die Qualität und Inhaltsstoffe des Heus an. Vor allem bei sehr fettleibigen Pferden ist eine Heuanalyse anzuraten.
Spät geschnittenes Heu eignet sich am bestem zum abnehmen. Es ist sehr rohfaserreich und energiearm.
Um den Energiegehalt weiter zu senken ohne einen Rohfasermangel hervorzurufen, kann ein Teil des Heus durch gutes Futterstroh ersetzt werden. Dabei sollte nicht mehr als 1/3 des Heus ersetzt werden um eine Verstopfungskolik zu vermeiden.
Auf diese Art sollte man anstreben 70% des Energiebedarfs des Pferdes zu decken. Somit werden die restlichen 30% aus den Körperfettreserven mobilisiert und das Fett abgebaut.
Kommt man mit der Heu und Stroh Kombination noch immer auf zu hohe Energiegehalte, kann ein kleiner Teil des Heus noch durch Hölzer ersetzt werden. Diese sind rohfaserreich, haben kaum Energie und dienen als Beschäftigung. Geeignete Hölzer sind bei uns heimische Obsthölzer, Haselnuss, Pappel, Birke, Brombeere, Himbeere, Linde, Weide und Weißdorn. Die beiden Letzten sind jedoch Dopingrelevant.
Wichtig bei einer solchen Futterbegrenzung ist die Fresszeiten zu verlängern. Hierfür eignen sich engmaschige Heunetze oder Netze die man doppelt nimmt. Ebenso kann man die Netze frei hängend aufhängen, so ist es noch schwerer für die Pferde, das Heu heraus zu zupfen. Man sollte bei Netzen jedoch darauf achten, dass diese so angebracht sind, dass das Pferd den Kopf nicht zu hoch halten muss beim Fressen oder in das Netz hereintreten und hängenbleiben kann.
Soll im Sommer nicht auf den Koppelgang verzichtet werden, bietet sich ein spezieller Maulkorb an. Durch die Platten mit kleinen Öffnungen vorne, kann nicht zu schnell zu viel Gras aufgenommen werden. Solche Maulkörbe bringen jedoch auch Probleme mit sich. So kann mit einem solchen Maulkorb keine Kuhtränke bedient werden. Es muss also entweder regelmäßig alle paar Stunden der Maulkorb abgenommen werden um ein Trinken zu ermöglichen oder es müssen Wasserbottiche bereitstehen. Je nach Fresstechnik, können sich auch die Schneidezähne am Maulkorb abnutzen.
Die Interaktion mit den Artgenossen wird ebenfalls eingeschränkt, denn die Fellpflege mit den anderen Pferden kann nicht richtig durchgeführt werden.
Alle Futterbegrenzung reicht zum gesunden Abnehmen nicht aus. Das A und O der Gewichtsreduktion ist angepasstes Training.
Zu Beginn ist der Organismus meist nicht trainiert. Man sollte langsam beginnen um das Herz-Kreislauf-System und die Gelenke nicht zu sehr zu belasten. Dennoch ist Bewegung wichtig. Das bedeutet Anfangs nur im aeroben Bereich zu trainieren. Das bedeutet viel und lange Schritt zu gehen. Purzeln die ersten Pfunde und die Kondition wird besser, kann auch das Training gesteigert werden und anaerobes Training eingebaut werden. Mit steigender Arbeit und den damit verbundenen sich aufbauenden Muskeln, steigt allerdings der Grundbedarf des Tieres. Dies muss in der Fütterung berücksichtigt und die Ration angepasst werden.
Probleme beim abnehmen
So einfach ist das abnehmen nur leider nicht. Es gibt ein paar Dinge die man dabei beachten muss. Man muss darauf achten, dass das Pferd nicht zu schnell abnimmt. Nimmt das Pferd zu schnell ab, wird zu schnell Fett abgebaut, dieses muss über die Leber aus geschleust werden. Ist dies zu viel für die Leber, kann es diese schädigen. Man spricht hierbei von einer sogenannten Fettleber (Hyperlipidämie), was zum Tod führen kann.
Um das zu verhindern sollte maximal 1,5 % der Lebendmasse pro Woche abgenommen werden.
Nimmt das Pferd ab, ist das erste Fett das abgebaut wird, das Bauch- und Rippenfett. Schnell freut man sich, denn erste erfolge sind sichtbar. Doch ist Vorsicht geboten. Schnell kann man sich von diesem Erfolg täuschen lassen. Denn auch, wenn der Bauch in die richtigen Formen kommt, ist das Kammfett meistens noch da. Dieses wird als letztes abgebaut und ist im Bezug auf die Insulinresistenz der gefährlichste Part. So muss die Diät weiter durchgezogen werden, auch wenn der Bauch schwindet.
Schlank bleiben
Hat man das Idealgewicht erreicht, möchte man dies auch erhalten. Nicht immer ist das ganz einfach, denn manche Pferde neigen dazu, schnell wieder zu zunehmen.
Es ist wichtig hierbei das richtige Maß für das Pferd zu finden. Wenn man sich Gedanken über den Energiegehalt des Futters macht, kommt man auf die Frage: Kraftfutter? Alles was Zucker enthält, so wie viele Fertigfutter und auch z.B. Karotten und Rote Beete, sollten weggelassen werden. Ebenso ein purer Energielieferant sind Öle. Öl ist Energie pur und sollte bei stark übergewichtigen Pferden weggelassen werden. Doch können Öle auch gut für die Haut und das Fell sein. Hierbei sollten allerdings nur geringe Mengen gegeben werden.
Andere Kraftfutterarten, wie z.B. Hafer, werden oft verpönt, wenn es um Diätfutter geht. Doch kommt es schnell zu Mangeln an Aminosäuren, wenn spät geschnittenes Heu gefüttert wird, denn der Proteingehalt hier ist geringer. So spricht nichts gegen die Gabe einer Hand voll Hafer, denn dieser weißt die beste Verdaulichkeit auf, um den Proteinbedarf zu decken. Dies ist vor allem im Fellwechsel und im Muskelaufbau wichtig. Möchte man auf Hafer verzichten, kann man als Proteinlieferant auch Luzerne verwenden.
Die Gewichtsreduktion ist ein langer und kein leichter weg. Doch haben wir eine Verantwortung unseren Pferden gegenüber und sollten versuchen sie lange Gesund zu erhalten. So haben auch wir längere unsere Freude an ihnen.
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Quellen
Bussang, H.; Krienzle E. (2016): „Übergewicht: Zu viele Pfunde machen krank“, „Fit statt fett: Pferde richtig füttern“, Dressurstudien
Hessing, M.; Röhm, C. (2016): „Abspecken aber richtig“, „Fit statt fett: Pferde richtig füttern“, Dressurstudien
Hessing, M.; Röhm, C. (2016): „Mit Konsequenz und Geduld: Schlank werden und schlank bleiben“, „Fit statt fett: Pferde richtig füttern“, Dressurstudien
Meyer, H. Und Coenen, M. (2014): „Pferdefütterung“, 5. Auflage, Enke Verlag, Stuttgart
Zeitler-Feicht, M. (2016): „Fresszeiten verlängern und Co.: Möglichkeiten und Gefahren“, „Fit statt fett: Pferde richtig füttern“, Dressurstudien