Das Frühjahr kommt, das Gras wächst, alle freuen sich auf die Weidesaison.
Die meisten Pferde sind im Oktober von den Koppeln gekommen und haben seit dem nur Heu und Kraftfutter bekommen. Somit muss sich der Verdauungstrakt wieder an das Gras gewöhnen. Je langsamer dieses Angewöhnen von statten geht, desto besser für den Organismus.
Wieso ist Gras so gefährlich?
Gras ist an sich eine gesunde Futterquelle für Pferde, es enthält wichtige Mineralstoffe und Vitamine. Wieso also kann Gras nun im Frühjahr so gefährlich für Pferde werden und was kann es auslösen?
Pflanzen benötigen im Frühjahr eine große Menge Energie und Protein für ihr Wachstum. Das Wachstum ist jedoch abhängig von den Temperaturen und Feuchtigkeit. Energie die gebildet wird, aber nicht gleich in das Wachstum geht, vor allem in kalten Nächten und Morgenstunden, muss in der Pflanze gelagert werden. Dies passiert über langkettige Kohlenhydrate, hierzu gehören z.B. Fruktane.
Diese langkettigen Kohlenhydrate und die hohen Konzentrationen an Proteinen können im Dünndarm nur schwer abgebaut werden, somit werden sie weiter in den Blindsack und Dickdarm transportiert und dort von den Darmbakterien abgebaut. Die großen Mengen an Protein und Kohlenhydraten führen im Dickdarm zuerst einem rasanten Anstieg der bakteriellen Besiedlung (Milchsäurebakterien). Diese Bakterien produzieren bei der Fermentation des Grases Milchsäure, hierdurch sinkt der neutrale pH im Darm in einen sauren Bereich. Durch diesen niedrigen pH stirbt ein großer Teil der Darmbakterien dann aber ab und damit werden Toxine freigesetzt. Diese Toxine gelangen über die Darmwand in die Blutgefäße. Dort schädigen sie, vor allem im Huf, die Gefäßwände und führen zu Hufrehe.
Ein Pferd mit 450 kg kann innerhalb von zwei Stunden bis zu 15 kg frisches Gras aufnehmen. Vor allem im Frühjahr sind die Pferde noch gierig auf das grüne Gras, auf das sie über den Winter verzichten mussten. Das gierige Fressen und schlingen des Grases kann zu Verstopfungen und Koliken führen.
Gefahren vermeiden, richtig anweiden
Um die Gefahren des jungen Frühlingsgrases zu umgehen ist das richtige Anweiden das A und O.
Anweiden bedeutet, die Zeit in der das Pferd Gras zur Verfügung hat langsam zu steigern und somit dem Verdauungstrakt die Chance zu geben sich an die Futterumstellung von hauptsächlich Heu auf Gras zu gewöhnen. Für diese Gewöhnung sollte man sich drei bis vier Wochen Zeit lassen.
Die ersten Tage sollte man mit maximal 15 Minuten am Nachmittag beginnen. Nachmittags sind die Fruktanwerte meist nicht mehr so hoch. Fruktan wird gebildet wenn bei kalten Temperaturen (unter 5°C) das Wachstum des Grases nicht stattfinden kann. So zeigt sich, dass nach sonnigen aber kalten Tagen die Fruktanwerte am Abend höher sind, ebenso nach klaren, kalten Nächten die Fruktanwerte in den Morgenstunden höher sind als Tagsüber. Beginnt man also nachmittags mit dem Anweiden ist die Gefahr von zu hohen Fruktangehalten im Gras am geringsten.
Fruktan und Proteine werden in den Halmbasis gespeichert, somit sollten schon abgeweidete und kurzhalmige Wiesen gemieden und lieber blattreichere schon höhere Gräser zum Anweiden genutzt werden.
Nach zwei bis drei Tagen bei 15 Minuten kann die Weidezeit um ca. 15 Minuten gesteigert werden. Im Zweitagesrhythmus kann die Weidezeit um jeweils 15 Minuten gesteigert werden bis 60 Minuten erreicht sind. Nach weiteren zwei Tagen kann die Zeit auf 90 Minuten und weiter auf 120 Minuten gesteigert werden und dies für ein paar Tage eingehalten werden. Zu der Zeit am Nachmittag sollte auch immer wieder kurze Weidezeit am Vormittag hinzugenommen werden um die Pferde an die herrschenden Unterschiede im Fruktangehalt zu gewöhnen.
Ab einer Zeit von zwei bis drei Stunden können die Pferde normaler Weise uneingeschränkt auf die Koppel. Um sicher zu gehen kann man die Zeit von drei Stunden Schrittweise weiter auf die gewünschte Weidezeit erweitern.
Bei dem Anweiden sollte darauf geachtet werden, dass sich die Pferde vor dem Koppelgang an Heu satt fressen können. Ebenso sollte direkt vor dem Anweiden kein Kraftfutter gegeben werden und nach dem Weidegang sollte erst Heu oder Stroh gegeben werden, bevor das Kraftfutter gefüttert wird.
Zeigen sich in der Anweidezeit Veränderungen am Pferd, wie Trägheit, starkes aufblähen sowie Durchfall, sollte die Weidezeit erst wieder verkürzt werden, bis sich der körperliche Zustand wieder stabilisiert hat.
Pferde die empfindlich sind oder Vorerkrankungen haben wie Adipöse Pferde, Pferde mit Hufrehe, Cushing, EMS etc. sollten langsamer an das Weidegras gewöhnt werden. Es kann sich anbieten diese Pferde auch erst später anzuweiden, wenn das Gras bereits eine Höhe von ca. 25 cm erreicht hat. Bei diesen höheren Gräsern ist der Fruktangehalt nicht mehr so hoch wie in jungem oder niedrigem Gras. In einzelnen Fällen muss sogar komplett auf Weidegras verzichtet werden, wenn es auch gesundheitlichen Gründen nicht anders möglich ist.
Quellen
Meyer, H. Und Coenen, M. (2014): „Pferdefütterung“, 5. Auflage, Enke Verlag, Stuttgart
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Teschen, Babette (2009): „Die große Gefahr beim Anweiden: Die Hufrehe“, https://www.wege-zum-pferd.de/2009/03/31/die-grose-gefahr-beim-anweiden-die-hufrehe/
„Anweiden im Frühjahr: Hufrehe, Koliken, Durchfall vorbeugen“: https://www.natural-horse-care.com/pferdekrankheiten/anweiden-hufrehe-koliken-durchfall-vorbeugen.html